Oder: Wie man aus Dreck Gold macht – ich bin eine Goldmarie
Mein Hund Leeland kam am 01. April 2021 zu mir. Er war vorher zwei Jahre im Tierheim gewesen. Seine Vorbesitzerin war mit ihrem Freund zusammengezogen, der ebenfalls einen Hund hatte. Die Zusammenführung der beiden Hunde funktionierte nicht. Leeland ist ein American Staffordshire Terrier, die sehr menschenbezogen sind und in der Regel keine anderen Hunde in ihrem Rudel/in der Familie dulden. So auch Leeland. Die Situation mit dem anderen Hund eskalierte und Leeland musste gehen. Im Tierheim kam er zwar klar, aber nach einer Prügelei mit einem anderen Hund durfte er dort nicht mehr mit den anderen Hunden in den Auslauf. Morgens kam er dann allein in den Auslauf, und danach wieder in den Zwinger bis zum Gassigehen entweder mit einem der Pfleger oder mit einem „Spaziergeher“ mit Hundeführerschein (AmStaffs sind sogenannte Listenhunde – ohne Führerschein darf man nicht mit ihnen raus). Niemand fragte nach ihm, niemand wollte ihn adoptieren. Die Pfleger dort kümmern sich zwar rührend um die Hunde, aber es war ein einsames und trotzdem stressiges Leben für ihn mit viel Gebell rundherum.
Als die Corona-Politik uns alle in die Isolation schickte, kam ich zunächst damit klar. Aufkommende Einsamkeitsgefühle balancierte ich mit PSYCH-K® und malte sehr viel. Aber als dann auch 3G im Fitnessstudio eingeführt wurde und ich mich dem verweigere, musste ich meine Situation erneut neu überdenken, und dank PSYCH-K® fiel es mir leichter, eine Lösung zu finden. Jetzt war „take action“ von den ganzen Balancen während der Isolation angesagt! Ich dachte: „Gut, sie haben mir alles genommen, was mir Spaß gemacht hat. Ich kann nicht mehr ins Büro und mit den Kollegen schnacken. Ich kann nicht mehr einfach in den Urlaub fahren, ich kann mich nicht mehr mit Freunden im Restaurant treffen, ich kann nicht mehr nach Trier zum Frisör fahren (die deutschen Vorschriften waren noch strikter als in Luxemburg). Und jetzt haben sie mir auch das Fitnessstudio genommen. ABER! Sie haben mir auch alles genommen, was mich bisher immer davon abgehalten hat, mir einen Hund anzuschaffen. “
Meine Eltern hatten immer Hunde, von daher weiß ich, wie es mit Hunden ist, weil ich mit Hunden groß geworden bin. Ich schaute auf die Webseite des hiesigen Tierheims. Viele tolle Hunde. Ich schaute mir die Beschreibungen der Charaktereigenschaften und das Alter an. Ich wollte einen Hund so um die fünf Jahre alt, lieb und sportlich, weil ich viel wandere. Rasse egal. Der letzte Hund auf der Liste entsprach meinen Kriterien. Ein American Staffordshire Terrier. Lieb, freundlich, sportlich, fünf Jahre alt. Dass man für ihn einen Hundeführerschein brauchte, war mir egal. Es war sofort das Gefühl da: Der ist es. Und so kam dank der isolierenden Corona-Politik Leeland in mein Leben, der mich aus der Alleinsein holte.
Ich sprach mit meinem damaligen Chef, ob ich weiter Telearbeit machen könnte (ja), ich sprach mit meiner Vermieterin, ob sie einen Hund genehmigen würde (aber ja doch). Dann rief ich beim Tierheim an und verabredete einen Termin für ein erstes Kennenlernen am darauffolgenden Samstag. Ein Kollege, mit dem ich während der C-Isolation bald jedes Wochenende wandern war und der in dieser Zeit mein bester Freund geworden ist, kam mit.
Als der Pfleger Leeland holte, kam mir der Hund, obwohl recht groß, sehr klein vor, wie ein Spaniel. Der erste Spaziergang war anstrengend, weil Leeland so an der Leine zog und ich dachte „Na, das kann ja was werden“. Nach dem Spaziergang ging es in den Auslauf und Leeland wurde von der Leine gelassen und schnüffelte los. Mein Wanderkumpel, der Pfleger und ich unterhielten uns und ich beobachtete den Hund. Ich rief ihn und er interessierte sich nicht die Bohne für mich. Ich ging runter in die Hocke und rief ihn erneut. Die beiden Männer unterhielten sich weiter. Leeland guckte kurz zu mir rüber und schnüffelte weiter am Zaun. Ich blieb in der Hocke. Leeland guckte wieder, grinste plötzlich und rannte auf mich zu. Vor mir warf er sich auf den Rücken und ließ sich von mir den Bauch kraulen. Alles klar. Er will auch.
Leelands Bewerbungsphoto vom Tierheim 2019
Leeland nach einem Jahr bei mir 2022
Ich sagte dem Pfleger, dass ich ihn nehme. Wir nahmen Leeland wieder an die Leine und gingen ins Gebäude. Der Pfleger rief zur Rezeption „Vendu!“ (Verkauft!), wir lachten alle und ich sprach mit der Dame meine nächsten Besuche ab zur Planung:
„Wann kommen Sie denn wieder zum Spazierengehen?“
„Jeden Mittag!“
„Dann trag ich Sie erst mal für nächsten Montag ein.“
„Ich komme jeden Tag.“
„Am Montag schauen wir weiter.“
„Okay. Wie ist das mit dem Hundeführerschein?“
„Den müssen Sie machen, wir bieten aber keine Kurse an. Da müssen Sie sich an das Ministerium wenden.“
Alles klar. Mein Kumpel und ich unterhielten uns dann noch über die erste Begegnung mit Leeland und ich konnte kaum erwarten, ihn zwei Tage später wieder auszuführen.
In den darauffolgenden Tagen versuchte ich, den Hundeführerschein so früh wie möglich zu machen, aber ich musste noch sechs Wochen bis zum nächsten Kurs warten. In der Zwischenzeit fuhr ich in jeder Mittagspause die 25 km zum Tierheim. Es dauerte nicht lange, und Leeland freute sich jedes Mal wie Bolle, mich zu sehen. Leider musste immer ein Pfleger bei den Spaziergängen mitkommen, weil ich ja noch keinen Hundeführerschein hatte, und so fielen die Runden mit einer halben Stunde recht kurz aus. Weil ich so gerne mit Leeland in den Wald wollte, hat das Tierheim alles möglich gemacht. Eine Pflegerin ging mal mit mir, Leeland und einem anderen AmStaff an einem Samstag zwei Stunden in den nahegelegenen Wald. Was waren wir glücklich! Danke noch mal an das ganze Team dort, was einen super Job macht.
Ich kaufte in der Zwischenzeit schon Leine, Körbchen, Fressnäpfe und Spielzeug, eine Hundedecke fürs Auto und Gurte zum Festschnallen. Dann endlich war Kurs und Prüfung und ich hatte bestanden. Ich informierte direkt die Tierheimleitung und sie beantragten sofort die Adoptionsfreigabe, die ich vier Tage später in den Händen hielt. Während dieser Woche hatte ich nachmittags Urlaub genommen, um endlich allein mit Leeland größere Runden im Wald gehen zu können. Das nutzten wir auch aus und lernten uns noch besser kennen und vertrauen. Und dann konnte ich Leeland endlich nach Hause holen.
Er schnupperte durch das ganze Haus und ich filmte mit meinem Handy den historischen Moment. Dann gingen wir in seinem neuen Revier unsere erste Runde. Ich hatte eine zehn Meter Schleppleine gekauft, so dass er trotz Leinenpflicht freier laufen konnte. Und das nutzte er aus. Er rannte eine Böschung rauf und sprang wieder runter und schrie auf! Er war irgendwie falsch aufgekommen und hatte sich weh getan. Ich dachte „Super, erster Tag und schon Tierarzt!“ Ich setzte mich zu ihm auf den Boden und gab ihm Reiki auf die Pfote. Nach ein paar Minuten stand er wieder auf, kein Humpeln. Uff! Staffys sind sehr schmerzunempfindlich. Aber so lernte er auch, dass Frauchen ihm hilft, wenn er sich mal wehtut. Und unsere Bindung festigte sich weiter.
Was soll ich sagen? Leeland und ich sind die allerbesten Freunde geworden. Wir gehen jeden Tag in den Wald und selten weniger als 10 km pro Tag. Ich habe dank Coach Leeland acht Kilo abgenommen und bin fitter als zu Zeiten des Fitnessstudios, wo ich viermal die Woche war, zwar unter Menschen aber dennoch allein. Jetzt bin ich nicht mehr allein. Wir spielen miteinander und üben Tricks. Und wir schmusen sehr viel. Leeland lehrt mich, den Moment zu leben und das Beste aus allem zu machen. Ich liebe den kleinen Kerl, der viel größer ist, als mein erster Eindruck war, so sehr! Mein Leben ist durch ihn so schön wie noch nie zuvor. Ich habe dank ihm aus Dreck Gold gemacht.
Leeland hat auch seinen eigenen Fanclub im Dorf und mittlerweile auch eine kleine Freundin. Aber davon erzähle ich ein andermal.
